Die Rose im Spiegel
Datum: 10.02.2020,
Kategorien:
Romantisch
... fiel nieder, bis er sich zu einer sanften Melodie formte, die ihr bekannt vorkam ... und es schien aus dem Garten zu kommen.
Sie eilte ans Fenster.
Im Garten war niemand. Und doch schien aus der Mitte des Gartens die Violine zu spielen.
Der Wind ließ die Rosen rascheln, sie konnte von dem Fenster aus die wirbelnden Bewegungen sehen, die der Wind in den Rosen verursachte ... oder waren es nicht die Rosen? Sie starrte in das schwache Nachtlicht hinaus. Und als sie es erkannte, trat sie erstaunt zurück. Der Wind trug Tausende und Abertausende von Rosenblättern mit sich ... und alles schien auf sie zuzufliegen ...
Sie trat in den Raum hinein ... und sah mit tiefer Verwunderung, wie der Wind die Rosenblätter durch die Fenster in die Bibliothek trug, sie wie einen Blütenstrom um sie herum verwirbelte. Und dort, wo die Rosenblütenblätter vorüber flogen, entflammten die Kerzen in den Leuchtern, so dass Wärme und ein weiches, goldenes Licht die dunklen Holzwände erleuchtete ... ein Licht, beinahe flüssig wie Honig, so tropfte und kroch das Licht in den Raum ... und dazu spielte die geisterhafte Violine das ferne Lied.
Dann legte sich der Wind und mit ihm die Musik. Die Blütenblätter legten sich mit einem leisen Rascheln um sie herum zu Boden, ein Lager von Rosenblättern, die den Raum mit Ihrem Duft erfüllten.
Auf irgendeine Weise schien die Luft erfüllt von einer Erwartung zu sein. Die junge Frau drehte sich im Lichtschein der Kerzen und fühlte die Rosenblätter ...
... unter ihren Füßen ... und war sich plötzlich sehr sicher, dass sie nicht allein war. Jemand betrachtete sie.
Sie blickte zum Fenster, aber dort war niemand. Auch in den wenigen Sesseln der Bibliothek saß niemand. Sie drehte sich, bis ihr Blick wieder in den Spiegel fiel.
Der Spiegel war recht dunkel, doch erkannte sie die Kerzen und sich selbst darin wieder. Dann jedoch schien der Spiegel wie eine Scheibe zu sein ... dahinter wirbelte in unstetem Wandel schwarzer, diffuser Rauch, so als wallte Nebel hinter dem Glas und dem Silber.
Die junge Frau trat näher heran, stutzte, und versuchte intensiv durch die Spiegelung ihrer selbst in das Dunkel dahinter zu sehen.
Etwas bewegte sich in den schwarzen Nebelschwaden, etwas wie ein Schatten, unwirklich ... etwas, dass sich wand wie eine Schnur ... oder eine große Schlange ... aber viel größer. Die Dunkelheit verschleierte die Konturen, doch es schien immer näher zu kommen ... zwei rötlich leuchtende Punkte wiegten sich in der Finsternis, die sie erst für zwei flackernde Kerzen hielt, aber als es näher glitt als Augen erkannte, große Augen, die wie Kohlestücke glühten ...
Und einmal, so als wehe ein unbegreiflicher Wind hinter dem Spiegel, hoben sich die Nebel, sie konnte vage schimmernde Schuppen erkennen, die sich elegant windeten, und einen großen, ledrigen Flügel.
Da sich die Erscheinung langsam zusammensetzte und die junge Frau erkannte, was sich da auf sie zu bewegte, machte sie einen furchtsamen Schritt zurück ... ...