Die Rose im Spiegel
Datum: 10.02.2020,
Kategorien:
Romantisch
... jeden Tag eine Rose gepflanzt."
"Das ist traurig ... und dann?"
"Das weiß niemand ... er ist verschwunden ... der Postbote wollte ihm damals den Bescheid über die nichtgezahlten Grundsteuern zustellen ... und fand das Haus leer. Seitdem ist es im Besitz der Stadt, aber ... sie wird es nicht los ..."
Die junge Frau trat an das Bild mit dem Frauengesicht heran, Unwillkürlich legte sie die Finger an den alten Rahmen. Das Gesicht kam ihr auf geheimnisvolle Weise bekannt vor ...
"Warum denn nicht? Es ist doch ein Traum von einem Haus?"
Die Maklerin zögerte.
"Ja ... ja, an sich schon ... aber ..."
Sie räusperte sich.
"Verzeihen Sie mir ... aber ..."
Die junge Frau wandte sich um, und lächelte.
"Sagen Sie es nur."
"Nun, die neuen Bewohner hörten oft Geräusche ... am meisten in der Bibliothek ... und es heißt, immer wieder hätte die Dame des Hauses eine Rose auf ihrem Kissen gefunden ... aber niemand weiß woher ... es wohnte eine zeitlang eine ältere Dame hier, sie hatte viele Katzen, daran erinnere ich mich ... und man fand sie eines Morgens tot hier auf dem Treppenabsatz ... sie hatte die Hand um eine Rose gelegt ..."
"Hatte man sie die Treppe hinuntergestoßen?"
"Oh nein," die Maklerin schüttelte den Kopf, " sie lag ganz friedlich da , mit einem Lächeln, genau unter dem Portrait ... offenbar hatte das Herz versagt ... aber Sie können sich vorstellen, dass es entsprechenden Tratsch im Dorf gab..."
Sie räusperte sich.
"Sie ... ist Ihnen ...
... aufgefallen, wie ähnlich Sie dem Bild sehen?" platzte die Maklerin heraus.
Die junge Frau drehte sich erstaunt um und musterte das Bild von neuem.
"Wirklich?"
Tatsächlich schien besonders der Zug um Mund und Augen vertraut aus dem Blick in den Spiegel ... allerdings trug die Frau auf dem Bild die Haare lang und offen und nicht zu einem Knoten hochgesteckt, so wie es im Büro praktischer war.
"Nun ja ... die Leute sind abergläubisch ... trotzdem, passen sie auf sich auf!" Die Maklerin lächelte unsicher.
"Ich zeige Ihnen die anderen Räume ..."
Zusammen stiegen sie die Treppe hinauf.
Der Abend war bereits dunkel, aber sie hatte alle Fenster geöffnet, um den wunderbaren Duft der Rosen aus dem Garten herein zu lassen. Sie hatte ein kleines Zimmer zum Garten hin als Domizil gewählt, denn dort würde sie die Sonne wecken ... und außerdem war es wohl ein Gästezimmer gewesen, denn ein noch brauchbares Bett stand darin, sodass sie nicht im Schlafsack auf dem Boden schlafen musste.
Sie saß am offenen Fenster, lauschte dem langsam verstummenden Gesang der Vögel und beobachtete Federwolken wie sie über den Sommerhimmel zogen. In ihrer Hand hielt sie einen Becher mit Tee. In der Küche hatte es keinen Strom gegeben, wie im ganzen Haus anscheinend nicht ... aber ein Ofen lies sich mit etwas Holz befeuern ... und aus dem hauseigenen Brunnen hatte sich frisches Wasser pumpen lassen ...
Und genau das war es, was sie sich gewünscht hatte. Der Anblick des Gartens mit den ...