1. Reitsport Einmal Anders Pt. 09


    Datum: 09.02.2020, Kategorien: Verschiedene Rassen

    ... Meinung nach irreparabel. Obwohl Baileys anfangs sehr scheu war, fanden wir irgendwie einen Draht zueinander. Ein befreundeter Tierarzt gab mir ein Gel namens „Absorbine" aus England für Rennpferde: „Einfach Schmieren, Wickeln, Schritt führen und Warten!"... Drei Monate lang spazierte ich mit ihm früh morgens und abends durch die Pampas und verbrauchte ca. 20 Flaschen (30,-- Euro pro) von dem scharf riechenden Zeug. Er wurde zutraulich und wir freundeten uns an. Nach den drei Monaten war das Gelenk so dünn wie das gegenüberliegende, also theoretisch geheilt. Im Spätherbst begann ich vorsichtig, ihn zu arbeiten. Alles ging und das Gelenk blieb dünn. Also begann ich, immer noch vorsichtig, ihn zu springen. Er wollte über alles drüber, nur ab und zu fegte er die obere Stange einfach ganz leicht weg. Jetzt wurde ich etwas „gemein". Er hatte den Sinn des ganzen wohl nicht ganz begriffen und schlamperte ab und zu. Also baute ich Gymnastikreihen mit teilweise bis zu 8 kleinen Sprüngen ohne Galoppsprünge dazwischen hintereinander auf und variierte die Distanzen zwischen den Sprüngen unpassend. Jetzt MUSSTE er sich konzentrieren und sehr oft flogen die Stangen reihenweise -- wenn der Rhythmus einmal draußen ist, ist er draußen. Mir egal, mein Bodenpersonal baute alles wieder auf -- und noch mal... und noch mal... und noch mal... Baileys begriff und entwickelte zu Hause die Beintechnik, die er heute besitzt. Die Höhe der Sprünge variierte ich auch: hoch, tief, mittel, hoch, mittel, ...
    ... tief... u.s.w. , immer im Wechsel. Diese Arbeit erfordert sehr viel Geduld und Gefühl. Wenn man übertreibt, verliert das Pferd irgendwann die Lust. Wenn es mal richtig gut ist, muss man einfach aufhören und loben, belohnen (Würfelzucker oder Karottenstücke). Kurzum: zu Hause entwickelte Baileys sich zum absoluten „Techniker" -- aber Turnier ist etwas völlig anderes. Erst 7-jährig ging er erstmalig an den Start. Leichte Jungpferdeprüfungen durfte er nicht mehr gehen. Leichte Amateurprüfungen durfte wiederum aufgrund meiner sog. Leistungsklasse (aufgrund bisheriger Erfolge) ich nicht reiten. Das war der Grund, dass wir in unserer ersten Saison auf den ersten Turnieren teilweise „Kegeln" spielten, weil Baileys noch nie viele bunte Zuschauer, fremde Plätze, Fahnen, Festzelte etc. gesehen hatte. Er war tierisch abgelenkt. Normalerweise lernen das junge Springpferde ab ihrem 4. Lebensjahr über halb so hohe Hindernisse. Zahlreiche Reiterkollegen schüttelten nur den Kopf und grinsten hinter vorgehaltener Hand. Es war mir sch....egal. Stiller Ehrgeiz und Ausdauer sind „mein Ding". Eine weitere „Schwäche" von Baileys war, dass er (obwohl irischer Halbblüter) nicht das allergrößte Temperament hatte. Deshalb nannte ich ihn liebevoll „meinen Traktor" oder „meine Lokomotive". Dafür war er super zuverlässig: Verweigern gab es für ihn nicht, NIE! Erst auf seinem 7. Turnier ging der Knopf auf. Die Scheu war weg und zwar total, wie ein Thema in der Schule, das endgültig abgehakt ist, weil endlich ...
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