Das fremde Mädchen
Datum: 23.07.2019,
Kategorien:
Romantisch
... nichts dagegen. Ich sehe doch wie glücklich sie mit dir ist. Aber darüber unterhalten wir uns später, zusammen mit deinem Vater." Und diese Unterredung fand am Nachmittag in der Bibliothek statt, während die Frauen in der Küche für ein indisches Abendessen werkelten. Hier wiederholte er seine Bitte erneut. Und erneut in perfektem Hindi. Sein Vater war nicht erstaunt über seine Bitte, er hatte sich schon mit ihm unterhalten und er war nicht abgeneigt. Ihm hatte er auch schon die Ringe gezeigt, welche er nun auch mir zeigte. Ich muß sagen, daß sie ein wahres Meisterwerk der Goldschmiedekunst waren. Manjula würde mit Sicherheit begeistert sein. Ich war es schon. Und meine Frau bestimmt auch. Darauf verwettete ich blind meinen Thron. Selbst das Datum überraschte mich. Obwohl er es nicht genau wußte. Es war, wie ihr hier in Deutschland sagt, ein "beweglicher Feiertag".
Als er mir den Ring quasi unter meine verweinten Augen hielt, war die Flut meiner Tränen nichtmehr zu bremsen. "Willst du willst mich heiraten.", flüsterte er mir zu. Ich nickte nur, dann fiel ich ihm um den Hals. "Miststück.", hörte ich Mama zu Papa sagen. Doch er lachte nur. "Und wann?", fragte meine Mutter "Dussehra.", antwortete er und ich sah ihn fassungslos an. Daß er diesen Feiertag kannte, das hätte ich nicht gedacht. Dussehra ist eines der größten Feste Indiens, mit dem symbolisch der Triumph des Guten über das Böse zelebriert wird. Wir in Nordindien feiern dabei den Sieg des Gottes Rama über den ...
... zehnköpfigen Dämonenkönig Ravana, der seine Gemahlin Sita nach Sri Lanka entführt hatte. Ein überwältigendes Schauspiel spielt sich dann in unserer Stadt ab, wo der Palast von unzähligen Lichtern erstrahlt. Hier startet eine prunkvolle Prozession mit festlich geschmückten Elefanten, Tänzern und Musikanten, die die ganze exotische Pracht Indiens entfaltet. Aber daß er das kannte, das überraschte mich nun sehr. "Am 8.Oktober.", sagte daraufhin Papa, "Dieses Jahr ist er am achten." "Ich liebe dich.", flüsterte er erneut in mein Ohr, "Bis an mein Lebensende." Ganz in Gedanken antwortete ich ihm in der Sprache, in der er mir dies gerade gesagt hatte. Erst Sekunden später erst begriff ich, daß er es mir in Hindi gesagt hatte. "Du, du kannst Hindi?!?" "Nur für dich." Jetzt konnte ich mir auch denken, wieso er in den letzten Monaten, unter der Woche, am Telefon sehr oft so kurz angebunden war. Er hatte heimlich gelernt. Wußte ich doch, wie schnell er englisch und französisch begriff. Also hatte er heimlich Unterricht genommen, um mir eine Freude zu machen. Und das hatte er geschafft. Vieles konnte er noch nicht. Aber es hatte den Anschein, daß er sich hauptsächlich auf das wesentliche Beschränkt hatte. Auf: "Ich liebe dich". Mama war auch erstaunt, als er mir dies in unserer Muttersprache sagte. Allerdings waren wir alle erstaunt, als Josi mich fragte, ob ich glücklich wäre. Und sie mich dies nicht in Deutsch fragte. Aber das war auch der einzige Satz, den sie konnte, außer: "Ich hab dich ...