1. Der rote Slip aus dem Schaufenster


    Datum: 22.10.2017, Kategorien: Transen

    Auf meinem Weg zur Straßenbahnhaltestelle kam ich immer an diesem merkwürdigen Schaufenster vorbei.
    
    Ich war damals 23 Jahre alt und seit drei Jahren lebte ich in der Stadt um zu studieren. Ich war immer noch dabei, mich in der Stadt zurechtzufinden. Vieles war doch ganz anders als daheim auf dem Land. Die Heimat hatte ich jedoch schon länger als Enge empfunden und schließlich heißt es doch auch: Stadtluft macht frei! Ich wollte halt mehr und mein Talent für Mathematik hatte mir einen Studienplatz in der Stadt beschert. Eigentlich fuhr ich nur noch am Wochenende nach Hause zu Mutter, meine Treffen mit den alten Freunden wurden schon seltener. Neue Bekanntschaften hatte ich damals nur im Dunstkreis der Uni.
    
    Der Laden sah eigentlich aus wie eine kleine Spielothek mit Spielautomaten und einer Kaffeebar, die man durch die Eingangstür sehen konnte. Früher war hier sicher mal ein Geschäft, vielmehr zwei Geschäfte mit einander gegenüberliegenden Eingangstüren und gemeinsamer Entree vom Bürgersteig. Nun sind da drin anscheinend zwei kleine Spielotheken! So kommt das wenn traditionelle Geschäfte zu machen. Eigentlich Trist und eher ein Zeichen des Niedergangs in dieser Stadt.
    
    Das Schaufenster aber war ganz anders, dort wurden einige wenige Erotikartikel präsentiert, richtig in Scene gesetzt waren die wenigen ausgewählten Sachen vor dem Hintergrund, einem schwarzen Vorhang!
    
    Für ein Ladengeschäft wirkte das Schaufenster eher leer, diese Art der Präsentation hätte eher zu ...
    ... einer feinen Boutique gepasst oder einer „guten Adresse" in guter Geschäftslage, einer feinen und exklusiven Marke!
    
    Davon war hier nun wirklich nicht die Rede. Das Schaufenster war an einem hässlichen Stück Straße, hier ging niemand flanieren zumal die Fußgängerzone nur 200 m entfernt verlief.
    
    Jetzt an diesem verregneten Sonntagnachmittag bewegt sich jedoch auch in der ganzen Innenstadt kein Mensch! Selbst in den Fußgängerzonen ist keine Sau unterwegs.
    
    Nur in den traditionellen Cafés sitzen die älteren Damen die sich dort sicher seit Jahren treffen. Jede sitzt auf ihrem gewohnten Platz. Bestimmt sind ihnen auch die Gespräche seit langem vertraut. Da ist eine Stimmung genau wie Daheim, wenn Mutter eingeladen hat, nur das ich zu Hause dann immer befragt werde, was ich denn so mache in der Stadt und was ich denn werden will. Ich fühle mich dann immer begutachtet und vorgeführt. Nun ja, Mutter zuliebe spiele ich halt mit und zeige das sie mich gut und zuvorkommend erzogen hat.
    
    So laufe ich an diesem Sonntag alleine und ziellos durch die Stadt, schaue in die Auslagen der Buchhandlungen und an den Schuhgeschäften. Nichts Neues, im Kino auch nichts Spannendes, alles ein wenig eintönig und grau in grau! Typisch! Wieder so ein öder Sonntagnachmittag!
    
    Aber, was soll überhaupt dieses Schaufenster an einer Spielothek! Vielleicht hat die Spielothek das Schaufenster, das sie selbst gar nicht brauchen vermietet? Ein Hinweisschild auf ein zugehöriges, anderes Geschäft war aber ...
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